Ob an Häuserfassaden, Bushaltestellen oder auf Plakatwänden – Werbebotschaften kann sich in Berlin niemand entziehen. Werbung ist allgegenwärtig. Ändern will dies Berlin Werbefrei.
Den letzten Ausschlag zur Gründung der Initiative im April 2017 gab Reklame von Mercedes Benz, erzählt Mit-Initiator Fadi El-Ghazi. Denn der Autobauer hatte überall in der Stadt Brandmauern angemietet, um überlebensgroß für seine Fahrzeuge zu werben. Um dem etwas entgegensetzen zu können, verfasste Rechtsanwalt El-Ghazi das „Antikommodifizierungsgesetz", welches „eine deutliche Reduzierung der Außenwerbung und ein Verbot digitaler Werbeanlagen im öffentlichen Raum“ zum Ziel hat.
Im Juni letzten Jahres reichte die Initiative das Gesetz zur amtlichen Kostenschätzung ein – und setzte damit das dreistufige Verfahren auf dem Weg zum Volksentscheid in Gang. Denn der einzige Hebel, um das Anliegen öffentlichkeitswirksam zu präsentieren, sei der Volksentscheid, so El-Ghazi. Mit Changing Cities fand die Gruppe zudem den passenden Mutter-Verein. Hat dieser doch auch den Volksentscheid Fahrrad organisiert, und nun gemeinsam mit ADFC, Bund und Senat über das Radverkehrsgesetz verhandelt.
20.000 Unterschriften werden für die erste Stufe auf dem Weg zum Volksentscheid, dem Antrag auf ein Volksbegehren, benötigt. Diesen Januar begann die Gruppe mit der Unterschriften-Sammlung. Nach sechs Monaten übergibt sie nun am morgigen Freitag die Unterschriftenlisten der Senatsverwaltung für Inneres. 39.000 Stimmen habe man schon, berichtet El-Ghazi. Und damit mehr als genug. Die Senatsverwaltung ist jetzt an der Reihe, die Zulässigkeit des Antrags zu prüfen, danach berät das Abgeordnetenhaus.
Die Linkspartei hat auf ihrem Parteitag beschlossen, die Initiative zu unterstützen. Vereinzelte Stimmen der Berliner Grünen auch, wie die taz berichtete. El-Ghazi rechnet trotzdem damit, dass das Parlament den Gesetzesentwurf ablehnt: „Wir stellen uns erst einmal darauf ein, uns auf die nächste Stufe vorzubereiten.“ Im sogenannten Volksbegehren müsste 'Berlin Werbefrei' dann in vier Monaten rund 170.000 Unterschriften sammeln.
Verbieten lassen will die Initiative digitale Werbeanlagen, Reklame in Kitas, Schulen und Universitäten und diskriminierende Werbung. Für kulturelle, sportliche und ähnliche Veranstaltungen soll jedoch weiterhin geworben werden können. Und auch Werbung vor Ort, sprich an Läden oder Gaststätten, dürfe weiterhin bestehen. Die lokale Wirtschaft würde also profitieren, erklärt El-Ghazi, weshalb auch viele lokale Geschäfte die Initiative unterstützen.
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Lizenz: Berlin Werbefrei