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Oben U1, unten Fahrradweg: ein Plan für die Hauptstadt der Zukunft

Der Verein paper planes will unter der U-Bahnlinie U1 eine Radbahn bauen und somit Zoo und Oberbaumbrücke für den Radverkehr verbinden. Nach zweijähriger Planung und erfolgreichem Crowdfunding wird das Konzept nächstes Jahr der Berliner Politik übergeben.

von Victoria S.
Themen Öffentlicher Raum Gesellschaft Mobilität
7 November 2017

Die U1 gibt es seit 115 Jahren: Von der Warschauer Straße bis zur Uhlandstraße durchfährt sie auf neun Kilometern als Hochbahn drei Bezirke und das Herz von Berlin. Beste Lage also - etwa für eine überdachte Radbahn, dachte sich der Verein paper planes. Er will das unter der Hochbahn zum größten Teil ungenutzte Areal umgestalten - und in eine Radbahn verwandeln. Die Vision: „Den Raum unter der Hochbahn zur sichersten und angenehmsten Radstrecke der Welt machen.“

Den städtischen Raum den Leuten zurückgeben

Seit knapp zwei Jahren plant das achtköpfige Team von paper planes e. V. die neun Kilometer lange Strecke. Seitdem hat das Team aus Architekten, Geographen, Stadtplanern, Wirtschafts- und Kulturwissenschaftlern genau erarbeitet, wie die Gestaltung und Nutzung der Radbahn unter der U1 aussehen könnte.

Herausgekommen ist eine 140-seitige Studie zu den sieben Abschnitten der geplanten Radbahn. Mit der Studie wollen die Macher zeigen, dass die Realisierung möglich ist und „enorme Potenziale für Umwelt, Mobilität, Gesundheit und Stadtentwicklung“ hat. Nicht zuletzt wollen sie der Politik mit der detaillierten Ausarbeitung zeigen: Es gibt spannende Ideen und sie sind umsetzbar.

Langzeitparker unter der U1 bewegen

Denn bei „nur“ einer langen überdachten Radstrecke soll es nicht bleiben: „Da wird es viel mehr geben, Kleingewerbe und diverse Freizeitangebote zum Beispiel“, erzählt Matthias Heskamp von paper planes. „Wir wollen den städtischen Raum lebenswerter gestalten und den Leuten zurückgeben.“

Auszug aus dem Abschnitt #4 „Am Wasser“:

„Zwischen Großbeerenstraße, U-Bahnhof Möckernbrücke und Tempodrom soll in den nächsten Jahren ein neues Quartier mit 500 Wohnungen und 20.000qm Gewerbefläche entstehen. Für die in Zukunft hier wohnenden und arbeitenden Menschen sowie für alle Passanten auf der Radbahn und dem wiederbelebten Spazierweg würde der hier entstehende „Möckernstrand“ einen neuen Raum für demokratische Naherholung schaffen. Kleine (mobile) gastronomische Angebote könnten hier an verschiedenen Stellen Platz finden und auch eine wettergeschützte und kostenlose Freiluftbühne wäre einfach zu realisieren und würde zum Flair beitragen.“

Doch wohin mit den zahlreichen unter der U1 parkenden Autos? Diese seien zum Teil dort illegal abgestellt, zum Teil parken sie auf öffentlichen Stellplätzen. „Entlang der Radbahn gibt es mehrere Parkhäuser, die häufig nur zu einem Bruchteil ausgelastet sind“, dort zum Beispiel könnten die Autos dann parken, so paper planes. Ebenso könne man die nachts leerstehenden Parkplätze von Discountern und Supermärkten als Parkfläche nutzbar machen.

Anfang 2018 soll sich die Politik das Projekt anschauen

Bereits in der Anfangsphase gab es für die Radbahn-Idee großes mediales Echo; vor Kurzem wurde erfolgreich ein Crowdfunding von über 30.000 Euro realisiert. Damit wird der Druck der 140-seitigen Studie finanziert. „Nun geht die Arbeit weiter. Die Crowdfunding-Kampagne hat gezeigt, dass die Resonanz groß ist“, sagt Heskamp. Er und seine Mitstreiter wollen das Buch Anfang 2018 der Politik übergeben.

Sieht der Berliner Senat genauso viel Potenzial in der Radbahn wie paper planes, würde als nächster Schritt eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, wie zuletzt bei den geplanten Radschnellwegen.

Paper planes: „Wir denken in Schritten“

Stehen Radbahn und Radschnellwege nicht in Konkurrenz zueinander? Im Gegenteil, meint Heskamp, sie würden sich sogar gut ergänzen: „Die Radbahn ist kein Radschnellweg, sondern eine Radpromenade. Die geplanten Radschnellwege sind vier Meter breit und kommen aus der Peripherie. Wir sind der innerstädtische Verteiler, auf dem man sicher und bequem fahren kann.“

Wie wahrscheinlich ist es, dass der Senat die Vorschläge vom Paper Planes in Erwägung zieht? Heskamp ist zuversichtlich: „Die Chance, dass zumindest ein Abschnitt vom Senat untersucht wird, ist sehr groß. Wir denken in Schritten.“ Dass gleich alle neun Kilometer realisiert werden, sei utopisch. Schließlich soll die Radbahn durch drei Bezirke laufen - und das Personal ist knapp.

Paper planes hofft, im Laufe des nächsten Jahres Ergebnisse seitens der Politik zu erhalten. Geschätzte Kosten für das Projekt: zwischen 13 und 27 Millionen Euro.

Die spannenden Visionen für jede der sieben Abschnitte kann man sich auf: http://radbahn.berlin/ anschauen.

Bilder: paper planes e.V.

Titelbild
Urheber: paper planes e.V.

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