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Filmpremiere: System Error - Wie endet der Kapitalismus?

Wachstum, Wachstum, Wachstum. Und das wo wir doch eigentlich alle um die Endlichkeit unserer Ressourcen wissen. Nach Antworten auf diesen Grundwiderspruch sucht der Dokumentarfilm „System Error“. Bei der Berlin-Premiere waren wir dabei.

von Alexander Wenzel
Themen Gesellschaft Wirtschaft Degrowth
23 Mai 2018

Vor den Folgen einer Zunahme von Weltbevölkerung, Industrialisierung und Umweltverschmutzung warnte der Club of Rome mit seiner Studie „Die Grenzen des Wachstums“ schon in den 70er-Jahren. Doch geändert hat sich wenig: Heute, über 40 Jahre später, ist Wirtschaftswachstum in fast allen Ländern immer noch oberstes Ziel, während es um Umwelt und Natur schlechter denn je bestellt ist.
Woher diese Wachstums-Fixierung kommt – und das bei einem endlichen Planeten mit endlichen Ressourcen – wollte Florian Opitz mit seinem neuen Film erkunden. Dass er damit den Nerv der Zeit getroffen hat, zeigte ein mit über 800 Plätzen komplett ausverkaufter Kinosaal bei der Berlin-Premiere am 7. Mai in der Urania.

Mit denjenigen, die unerschütterlich ans Wachstum glauben, hat der Regisseur von Dokumentarfilmen wie „ Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ und „Der große Ausverkauf“ gesprochen. „The sky is the limit“ hört man so zum Beispiel einen Rinderproduzenten aus dem brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso sagen. 35 Fußballfelder Regenwald verschwinden dort pro Minute – um Platz zu machen für riesige Sojafelder und Rinderfarmen, wie der Film in eindrucksvollen Bildern zeigt. Auch der ehemalige Allianz-Chefinvestor Andreas Gruber kann sich „eine Welt ohne Wachstum nicht vorstellen“. Und ergänzt: „Heute sieht man, dass Wachstum ökologisch verträglich ist“, was im Kinosaal für großes Gelächter sorgt.

„Haben wir das System noch unter Kontrolle oder hat es längst uns unter Kontrolle?“, spricht Opitz aus dem Off, als der Film die Finanzkrise von 2008 thematisiert. Und auch bei Börsenjournalist Markus Koch – gewiss kein Kapitalismuskritiker – sorgt die Entkopplung von Wirtschaft und Finanzmärkten „für eine gewisse Angst“. Wohingegen Hedgefonds-Gründer und Ex-Trump-Berater Anthony Scaramucci als wahrer Wachstumsgläubiger nur Chancen sieht. Wir selbst das Altern irgendwann abschaffen werden, so der selbst ernannte „Künstler des Kapitals“.

„Mit den Protagonisten des Wachstums“ wollte Opitz reden, wie er in der an die Vorführung anschließenden Diskussion erklärt. Doch auch den Ökonomen und Wachstumskritiker Tim Jackson lässt der Filmemacher immer wieder zu Wort kommen. Und mit seinen Aussagen auf die Widersprüche der Wachstums-Logik aufmerksam machen. Das der älteste und bekannteste Kapitalismus- und Wachstumskritiker nicht fehlen darf, liegt auf der Hand: mit erstaunlich aktuell wirkenden Marx-Zitaten leitet Opitz die jeweiligen Filmkapitel ein.

Ende des Kapitalismus?

Ein nahes Ende prophezeit der Regisseur dem Kapitalismus am Schluss des Films. Nach der Vorführung diskutierten deshalb Opitz, Tim Jackson und Barbara Unmüßig, Vorstand der Henrich Böll Stiftung, darüber, was der Film bewirken und uns mitgeben kann. So sieht Jackson den Film-Untertitel „Wie endet der Kapitalismus?“ nicht als Frage, sondern eher Herausforderung an, die zum Nachdenken anregen soll, was danach kommt. Und Opitz machte deutlich, dass es ihm vor allem darum geht, das Thema in die Debatte zu bringen, „da sonst radikale Parteien mit ihren Lösungen immer mehr Zulauf bekommen“.

Wer sich vom Film Lösungsvorschläge oder Alternativen erhofft, wird jedoch enttäuscht. Gesucht hat Opitz sie. Doch sie schienen ihm einfach nicht stark genug. „Mit Urban Gardeening bei aller Liebe werden wir der Probleme nicht Herr“, so der Regisseur. Dass zahlreiche Initiativen und Organisationen trotzdem an regionalen Lösungen arbeiten, davon konnten sich die BesucherInnen direkt in der Urania ein Bild machen: an Infoständen berichteten diese, so auch wir von imWandel, von ihrer Arbeit. Denn auch Jackson betonte: „Wandel kommt in kleinen Schritten.“

Titelbild
Urheber: System Error

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