Tabouleh, Hummus und ein Reisgericht mit Kartoffeln, Ingwer, Rosinen und Pistazien hat Mudar Alscheich heute gekocht. Und das nicht alleine, zuhause in seiner Küche, sondern zusammen mit 20 anderen Personen. Denn Mudar gibt im Rahmen von Über den Tellerrand syrische Kochkurse.
Das 2013 in Berlin gestartete Projekt schafft „Begegnungsaktivitäten und –räume, wo Menschen mit und ohne Fluchterfahrung sich auf Augenhöhe treffen können“, so Hameed Khasawnih, der seit Juli 2017 Teil des "Über den Tellerrand"-Teams ist. Wichtig ist ihm der Zusatz „auf Augenhöhe“, denn nur so könnten Freundschaften geschlossen und Vorurteile abgebaut werden.
Hauptaktivität des Vereins sind Kochkurse, in denen Köche aus Syrien oder Afghanistan traditionelle Gerichte aus ihrer Heimat gemeinsam mit den Kurs-TeilnehmerInnen zubereiten und gleichzeitig von ihrer Kultur erzählen. „Wir teilen unsere Rezepte, unsere Gefühle – und am Ende tanzen wir alle zusammen", formuliert es Mudar.
Drei bis vier solcher Kochaktivitäten und -kurse bietet der Verein im Monat an. Die beliebteste Veranstaltung, so Hameed, sei „50 Plates of Etwas“. Aus einer Zutat, zum Beispiel Kartoffeln oder Eiern, werden hier an Kochinseln verschiedene Rezepte gemeinsam gekocht. Und gemeinsam wird auch gegessen und hinterher aufgeräumt. Denn, wie Hameed sagt: „Um Menschen zusammenzubringen ist Kochen und Essen ein wichtiges Tool – eine nonverbale Sprache, die die traditionelle Sprachbarriere überwindet.“
Von Kochkursen zu Kochbüchern war es dann ein kleiner Schritt. Das erste – „Rezepte für ein besseres wir“ – veröffentlichte der Verein 2013. Darin sind nicht nur Rezepte aus aller Welt, sondern auch ganz persönliche Geschichten von Menschen, die in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen sind, um hier ein neues Zuhause zu finden. „Wir nutzen diese Kochbücher, um unsere Vision zu teilen: Essen als Medium für Integration“, sagt Hameed. Und diesem Motto folgt auch das zweite Kochbuch: „Eine Prise Heimat“ enthält Rezepte, die beim gemeinsamen Kochen von Profi- und Sterneköchen und Menschen mit Fluchterfahrung entstanden.
Mit den Einnahmen aus Kochkursen und –büchern finanziert "Über den Tellerrand" verschiedene Projekte, die Integration und Austausch fördern sollen. So zum Beispiel das Job Buddy-Programm: Eine berufserfahrene hilft einer geflüchteten Person im Bewerbungsprozess und bei der Arbeitsmarkt-Orientierung. Oder das Building Bridges-Programm, bei dem zwei Paten eine geflüchtete Person beim Neuanfang in Deutschland unterstützen. Und sich für verschiedenste Aktivitäten, beispielsweise zum gemeinsamen Kochen oder zum Besuch von kulturellen Veranstaltungen, treffen. Organisiert werden all die Aktivitäten von Ehrenamtlichen. Viele Freundschaften seien so schon entstanden, berichtet Hameed. Viele hätten zudem einen Job oder eine Wohnung gefunden und konnten ihre Deutschkenntnisse verbessern.
Aktiv ist "Über den Tellerrand" aber nicht nur in Berlin, sondern seit 2015 bundesweit. In 30 Städten bringen ehrenamtliche Lokalgruppen, Satelliten genannt, Menschen mit und ohne Fluchterfahrung zusammen. „Wir unterstützen Menschen, die Lust haben, das in ihrer eigenen Stadt zu machen, mit unseren Kenntnissen und Erfahrungen“, sagt Hameed, der das Satelliten Netzwerk leitet. Und mit „Kitchen on the Run“ gibt es zudem einen „mobilen Integrationsinkubator“: Ein Team reist mit einem Küchencontainer durch Deutschland und Europa – und bringt im Rahmen von Kochabenden Menschen am Küchentisch zusammen.
Alles Projekte, die helfen „eine offene, tolerante Gesellschaft aufzubauen“. Denn dies, so Hammeed, sei das Hauptziel von "Über den Tellerrand". Und jeder, der Lust hat, könne dabei mitmachen.