Wer kennt sie nicht, die gemeine Obstkiste auf dem Gepäckträger, mit dem viele Berliner*innen regelmäßig ihren Einkauf oder ihren Dackel nach Hause bringen? Doch auch wer einen Großeinkauf zu erledigen hat oder Audioboxen transportieren will, muss nicht zwingend auf das Auto setzen. In Berlin gäbe es bereits eine echte Lastenrad-Szene, erzählt Frauke Hehl, Initiatorin des Netzwerks Lastenrad e.V.. Gründe für ein Lastenrad gibt es viele: Lastenräder haben integrierte Ladeflächen oder Aufbauten, bieten Platz und sind ziemlich stabil - je nach Modell können damit etwa 50 bis 200 kg transportiert werden. Eine ökologisch nachhaltige Mobilität und Logistik spielt in den Großstädten bereits jetzt eine wachsende Rolle. Laut eines Berichts von 2013 zur „Mobilität der Stadt“ vom Senat für Stadtentwicklung und Umwelt, kommen auf 1000 Berliner*innen immerhin 721 Fahrräder Für Hehl ist das Lastenrad mehr als nur ein Verkehrs-und Transportmittel. Im Fahrradcontainer werden die Räder als Gemeinschaftsobjekte geschaffen, das heißt gemeinsam gebaut und später auch gemeinsam genutzt.
Das alles geschieht mit Materialien, die nicht etwa neu im Internet bestellt werden, sondern von genau genommen, überall herkommen: Upcycling fürs Bicycling. Im Jahr 2006 begannen Frauke Hehl und ihre Kollegin Corinna Vosse mit der Einrichtung der „Kunststoffe - Zentralstelle für wiederverwendbare Materialien“, seitdem sind immer mehr offene Werkstätten und Repair Cafés an verschiedenen Orten Berlins entstanden. Das Projekt begleitet den Lastenrad e.V. und zeigt, dass aus Materialien, deren Schicksal häufig der Sondermüll ist, mit etwas Einsatz hochwertige und gebrauchsfertige Geräte entstehen können.
Im Jahr 2012 eröffnet der Fahrradcontainer des Lastenrad Netzwerks, eine mobile Werkstatt, welche die notwendige Infrastruktur direkt zu den Rad-Fans bringt, die sich ein Lastenrad bauen wollen. Ein Experiment mit guter Resonanz; schon bald konnten erste Bauprozesse am Tempelhofer Feld, sowie im Jugendclub Manege stattfinden, wo neben dem Lastenradbau auch „gewöhnliche“ Radrepaturen durchgeführt wurden. Lastenradbau geht dabei so: Hat eine Gruppe Interesse am gemeinsamen Bau eines gemeinsamen Lastenrads, meldet sie sich gegen eine finanzielle Kostendeckung von 400 € an und bekommt neben den Materialien für einen Rahmen, fachkundige Berater*innen zur Seite gestellt. Die Ausstattung von Rad, über Bremse und Licht wird nach eigenen Ansprüchen eigenständig organisiert. Dann kann's losgehen. Neben einer persönlichen Anleitung zum Flexen, Schweißen und Löten, stellt auch ein eigenes Wiki des Lastenrad Netzwerks, detaillierte Bauanleitungen für verschiedene Rad-Typen bereit: von ein- bis zweispurig, mit oder ohne Anhänger kann sich jede*r sein präferiertes Modell aussuchen und nachbauen. Für diejenigen, die keine Freude an komplexen Bauanleitungen haben, gibt es ein neuartiges Lern-Format: Die „haptische Bibliothek“, eine Art 3D-Bauanleitung mit anfassbaren Modellen, wurde vom Designer Christophe Vaillant entwickelt.
Übrigens: Wer so bald nicht zum Bauen eines eigenen Lastenrads kommt, kann unter http://www.velogistics.net/de/ ein Lastenrad ausleihen oder sein eigenes zur Leihe stellen.