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Café Grundeinkommen - Bildungsarbeit im Tiny House

Bedingungsloses Grundeinkommen und Digitalwährungen. Beides komplizierte Themen, solche, von denen sich viele Menschen mit schwirrendem Kopf zurückziehen, weil sie die Pro- und Contra-Argumente nicht mehr durchschauen können. In Berlin gibt es jetzt ein Projekt, das diese schwierigen Angelegenheiten mit einer ganz einfachen verbindet: Kaffee trinken. Das Café Grundeinkommen will Aufmerksamkeit auf das Thema bedingungslosen Grundeinkommen lenken und findet Platz im selbst gebauten tiny house auf dem Bauhaus Campus der tiny house university.

von Anne-Sophie Rebner
Themen Bildung Lebensmittel und Ernährung Regionalwährungen Wirtschaft
6 Juni 2017

Das bedingungslose Grundeinkommen soll die Arbeitswelt revolutionieren und birgt viele Hoffnungen. Werden wir uns dadurch befreien können von sinnloser Lohnarbeit und unsere Zeit mit bedeutsamen Tätigkeiten verbringen? Würde unser System dadurch gerechter und chancengleicher? Das alles ist nicht genau zu beantworten bis es nicht einmal in großem Stil ausprobiert wurde. Bis jetzt scheint die Idee ohnehin immer noch nur in einer Randgruppe bekannt und gefordert zu sein, obwohl es in den letzten Jahren einen extremen Schub an Aufmerksamkeit bekommen hat. In diese Richtung will das Café Grundeinkommen in Berlin arbeiten. Einen Ort zu schaffen, an dem Menschen zusammenkommen, ist immer ein guter Ansatz, um Diskussionen anzuregen. Bei einem Kaffee sollen Besucher in gemütlicher Atmosphäre übers Grundeinkommen ins Gespräch kommen. Außerdem wollen die Initiatoren täglich Vorträge und Inputs veranstalten, Filme zeigen und auch Raum für andere Gruppen bereitstellen, die sich mit der Thematik beschäftigen.

Auf dem Gelände der Regenbogenfabrik in Kreuzberg war das Projektteam vom Anfang des Jahres bis April anzutreffen und haben selbst die Räumlichkeit gebaut, in der sich von nun an das erste Café Grundeinkommen Deutschlands befindet. Sie hatten sich 2016 getroffen mit dem Ziel, das bedingungslose Grundeinkommen als Thema an mehr Leute heranzubringen und verständlicher zu machen. Die Idee des Cafés lag nahe. Warum ein Tinyhouse? Einfacher zu bekommen als ein Raum in Berlin und wenn erst mal gebaut auch mietfrei, außerdem transportabel. Das Tinyhouse, ein kleiner Raum auf Rädern, ist ausgestattet mit allem, was man für einen Cafébetrieb braucht. Anfang Mai ist es umgezogen auf das Gelände des Bauhaus Archivs in der Nähe des Tiergartens. Als Teil des Bildungsprojektes Bauhaus Campus wird es dort ein Jahr lang stehen und Menschen mit heißem Kaffee versorgen. Aber nicht nur das. Mit den Veranstaltungen wollen sie Wissen verbreiten und außerdem mithilfe der Kryptowährung Circles das Grundeinkommen in Cafébetrieb real ausprobieren.

Sogenannte Kryptowährungen spielen in der Debatte ums Grundeinkommen auch eine Rolle. Davon ist weit weniger zu lesen als zu anderen Themen rund ums Grundeinkommen, aber man kann sich doch die Frage stellen: Wie kann ein gerechtes soziales Zahlungssystem auf ungerechten Währungen aufbauen? Die Begründer des Basic Income Cafés haben sich den Ansatz zu eigen gemacht, das bedingungslose Grundeinkommen mit einer neuen Währung zu vereinbaren, die systematisch auf Gleichberechtigung setzt. Sie sind dabei, eine App für die Kryptowährung Circles zu programmieren. Mitgründer Martin Köppelmann hat sie ins Leben gerufen, damit das Prinzip der bedingungslosen Währung experimentell im Kleinen getestet werden kann. Ähnlich wie bei der Regionalwährung Fairo, über die wir schon berichtet haben, soll Circles am Anfang frei an potenzielle Benutzer ausgegeben werden. Wenn man einen Kaffee im Basic Income Café kauft, so bekommt man dazu einige Circles, die man wiederum teilweise zum Kauf des nächsten Kaffees verwenden kann. Aber da ist doch ein Fehler im System! Wie wird der Wert der Circles generiert, wenn man ihn nicht für eine andere Währung kauft? Genau das unterscheidet Circles von anderen Geldsystemen. Die Währung beruht auf einem Vorschuss, also auf Vertrauen und nicht auf einer Verpflichtung, also Schulden. Die Nutzer sollen dadurch einen Wert erzeugen, indem sie Circles für andere Leistungen weitergeben. Zum Beispiel könnte jemand für eine Reparatur mit Circles zahlen. Der Handwerker, der sie bekommen hat, vertraut wiederum darauf, dass er später dafür wieder etwas anderes bekommt. Das Geld soll vor allem innerhalb von Gemeinschaften benutzt werden. Auch auf dem Bauhaus Campus wird es sich wohl zuerst zwischen den bekannten Mitwirkenden verbreiten. Für Circles soll als nächstes eine einfache Demoversion veröffentlicht werden, die auf Smartphones genutzt werden kann, Anfang nächsten Jahres dann die Vollversion. Somit bietet das Café Grundeinkommen auch eine Antwort auf die Frage, wie eine solche neue Logik im Realen aussehen könnte und wie so etwas getestet werden kann.

Die Gründer haben sich hohe Ziele gesteckt und träumen natürlich davon, dass die breite Politik das Thema Grundeinkommen irgendwann als zentralen Lösungsansatz für die Probleme unserer Gesellschaft betrachtet. Sie finden aber jetzt auf dem Bauhaus Campus erst einmal die Möglichkeit, Werbung für die Idee zu machen und sie greifbar darzustellen. Interessierte können auch dann auch zu einzelnen Themen weiterbilden, die das Grundeinkommen betreffen und ihre Fragen stellen. Auf dem Gelände des Bauhaus Archivs Berlin stehen seit dem Frühling auch noch andere Tiny Houses zu verschiedenen Themen, organisiert von der Tiny House University. Im Laufe des Jahres wird sich der Platz noch mehr füllen und bildet eine gute Nachbarschaft fürs Café Grundeinkommen.
Noch bis zum 20. Juni läuft eine Crowdfunding-Kampagne auf startnext, um den Bau des Tiny Houses zu finanzieren und am 13. Juni wird das Tiny Café offiziell auf dem Bauhaus Campus eröffnet.

Titelbild
Urheber: Café Grundeinkommen

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