Viele kennen ihn schon. Manche haben ihn schon gesehen, bei einem Spaziergang durch den Wedding. Mit grünen Hochbeeten, einem selbstgebauten Steinbackofen, einem Gartencafé aus Europaletten, Bienenstöcken und einer Holztribüne ist aus der Freifläche in der Ruheplatzstraße 8-12 ein bunter Ort des Miteinander geworden. Platz ist hier genug um sich auszuleben und der Gemeinschaftsgarten ist schon zu einer Institution für die Nachbarschaft geworden. Menschen lernen, selbst Gemüse anzubauen und viele Einzelprojekte haben sich seit Projektbeginn innerhalb der Gemeinschaft etabliert. Mehr zu himmelbeet in unserem Porträt, das wir letzten Winter gedreht haben und das bald erscheinen wird, oder auf der Seite.
Bald wird sich hier aber einiges verändern. Die Geschichte geht schon einige Zeit zurück. Vor zwei Jahren fragte der Münchener Verein Amandla EduFootball beim Bezirk eine Fläche an. Ihr Wunsch ist es, zusammen mit der Oliver-Kahn-Stiftung ein Ausbildungszentrum für Fußball für Kinder und Jugendliche zu errichten. Sie wollen Turnhallen bauen, durch Bildungsarbeit soll das Viertel gestärkt werden. Der Bezirk hat parallel die Absicht, neben der Volkshochschule auf dem Gelände eine weitere Sporthalle zu bauen. Himmelbeet hatte bisher nur befristete Pachtverträge als Zwischennutzer. Für das Viertel hat der Gemeinschaftsgarten in den letzten Jahren einiges an Bedeutung bekommen.
Jetzt ging es also um die Frage: Wohin mit den Himmelbeeten, wenn zukünftig auf dem Gelände Tore geschossen werden? Können sich die Gärtner und die Sportler eine Fläche teilen? Wie kommen diese zwei sozialen Projekte zusammen?
Zuerst, also seit Anfang der Diskussion dachten die Beteiligten über eine Lösung nach, die himmelbeet auf dem Gelände platzieren würde. In Gesprächen während der letzten zwei Jahre zeigten sich alle Parteien bereit, auf eine gemeinsame Nutzung hinzuarbeiten. Der Vorschlag war, himmelbeet auf dem Dach einer der neuen Sporthallen unter- beziehungsweise „über“zubringen. Himmelbeet nahm sogar an einer Ausschreibung für green urban labs teil, aufgetragen vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, um ein gemeinsames Konzept auszuarbeiten und war damit schon in die Vorrunde gekommen.
Doch nun wendet sich das Blatt. Vor einigen Wochen versetzte ein Letter of Intent die Freunde des himmelbeets in Aufruhr, in dem Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU) Amandla zusagte, einen Vertrag nach ihren Wünschen abzuschließen, und himmelbeet dabei nicht erwähnte. Die Alarmglocken gingen an bei den Gemeinschaftsgärtnern. Sie befürchteten, das Überleben des Projektes wäre nicht gesichert, wenn sie nicht am Verhandlungsprozess beteiligt wären und nicht im Vertrag erähnt würden. In Windeseile mobilisierte himmelbeet seine Pächter und Unterstützer und stellte eine Kampagne auf die Beine.
Bei einem ersten Treffen im Gemeinschaftsgarten am 10. April stellten die Aktiven die Situation dar und baten um Hilfe, um mit dem Thema größere Aufmerksamkeit zu erlangen. Damit hatten sie auch Erfolg. Trotz der kurzen Ankündigungsdauer und dem schlechten Wetter waren etwa 50 Interessierte anwesend, darunter Vertreter*innen der Berliner Politik und viele Nachbarn, die himmelbeet als Gemeinschaftsort des Viertels schätzen. Die Kampagne rief viele Unterstützer*innen auf den Plan, Journalisten verfassten Zeitungsartikel, Bürger schrieben Briefe an Verantwortliche des Bezirks, über 42.500 Menschen unterschrieben die Petition auf change.org und Herr Spallek und Bezirksbürgermeister von Dassel (B90/Die Grünen) veröffentlichten den Letter of Intent und organisierten Presseveranstaltungen.
Das Kampagnenlogo zeigte die Richtung, die sich himmelbeet für die Zusammenarbeit auf dem Gelände wünschte. Ein alter Fußball mit einem Löwenzahn, der darauf wächst. Es geht also darum, Ressourcen zu nutzen und Symbiosen einzugehn. Der Protest ging auch über die Berliner Grenzen hinaus.
Ein Treffen von Amandla, dem Bezirk und himmelbeet war schon vor der Kampagne geplant, nach dem ersten Gespräch wurden allerdings noch keine Informationen über die Entwicklung öffentlich gemacht. Seit einem zweiten Gespräch gestern am 5. Mai, steht jetzt eine Lösung fest, denen alle Parteien erst einmal zugestimmt haben. Der Bezirk bietet himmelbeet zwei Ausweichflächen zur Auswahl an: Eine liegt noch auf dem Gelände in der Ruheplatzstraße 8-12, die andere zwei Straßen weiter an der Ecke zwischen Schulstraße und Maxstraße.
Die Gemeinschaftsgärtner werden also die Hochbeete packen und auf eine andere Fläche umziehen. Der Bezirk verspricht himmelbeet Hilfe bei der Finanzierung des Umzuges, wie auch weiterhin die insgesamte Unterstützung des Projektes. Der Umzug wird Ende 2018 stattfinden, nicht wie befürchtet schon Ende 2017. Das Thema wird also noch eine Weile aktuell sein und einige Fragen sind auch noch offen. Zum einen müssen himmelbeet und das Netzwerk nun entscheiden, welche Fläche geeigneter ist. Unter anderem ist ihnen wichtig, dass die Sichtbarkeit der Beete erhalten bleibt. Einige langjährige Pächter haben ihn durch einen Blick durch den Zaun entdeckt.
Mit dem Bezirksamt wird es nach dem Gespräch gestern wohl auch noch einige weitere geben. Dieses wird nun untersuchen, woher eine Finanzierung des Umzugs kommen kann. Erst im Laufe des Jahres wird sich zeigen, wie gut die Versprechen umgesetzt werden. Daran hängt viel für himmelbeet, denn sie sind auf die Zusammenarbeit mit dem Bezirk angewiesen.
Interessant wäre auch zu wissen, warum die erste Planung auf dem Gelände gescheitert ist. Der Antrag bei green urban labs war ein spannender Ansatz für ein gemeinsames Nutzungskonzept, der ein Beispiel für Projekte der selben Art hätte sein können.
Wir haben versucht, mit Amandla und dem Bezirk Kontakt aufzunehmen und werden erneut berichten, wenn wir ein Kommentar zur Situation bekommen. In der Pressemitteilung zum neusten Gespräch heißt es, die Möglichkeiten der Unterstützung würden geprüft. Das ist noch nicht bindend, aber generell hat das Amt wohl guten Willen gezeigt.
Die ersten Schritte sind getan, damit himmelbeet weiterhin in der Nachbarschaft existieren kann. Die Kampagne hat gezeigt, dass Mobilisierung und Öffentlichkeit durchaus eine Rolle spielen, wenn es darum geht, innerstädtisch Entscheidungen zu beeinflussen. Daher ist das Ergebnis wohl auch ein Schritt in Richtung einer demokratischen Gestaltung von urbanem Raum. Die nächsten Schritte warten, die Initiative arbeitet weiter hin auf ein positives Ende dieses langwierigen Prozesses. Fest steht: Die Mitwirkung der Bürger ist weiter essenziell.