Rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll entstehen laut EU-Kommission allein in der EU jedes Jahr, wovon weniger als ein Drittel wiederverwertet wird. Der Rest landet auf der Müllkippe oder in der Umwelt – und lässt im Meer Tiere qualvoll verenden. Weshalb die EU nun bestimmte Plastikprodukte verbieten will. Dazu gehören Plastikgeschirr und –besteck, Trinkhalme und Wattestäbchen. Es handelt sich jedoch erst um einen Vorschlag, der noch der Zustimmung von EU-Parlament und Europäischem Rat bedarf. Weitaus schneller beim Kampf gegen den Plastikmüll sind meist lokale Initiativen. So auch das Berliner Klimaprojekt „Leitungswasserfreundlicher Mariannenkiez und seine Nachbarschaft“ oder kurz Wasserkiez.
Plastikflaschen will der Verein a tip:tap, der hinter dem Projekt steht, aus dem Kreuzberger Mariannenkiez verbannen. Und damit Müll und CO2-Emissionen, die bei der Produktion der Flaschen entstehen, verringern. Damit das gelingt, soll der Konsum von Leitungswasser gefördert werden: „Alle sollen überall Leitungswasser trinken können“, sagt der Leiter des Pilotvorhabens, Julian Fischer. Öffentlich an den Start gegangen ist das Projekt diesen Februar mit einer Auftaktveranstaltung in der Markthalle Neun. Als Teil des Auftakts konnten sich AnwohnerInnen das Wasser aus dem Hahn in ihrer Wohnung kostenfrei durch das Labor der Berliner Wasserbetriebe, die als Projektpartner den Wasserkiez unterstützen, testen lassen. Streng kontrolliert und von hoher Qualität ist das Berliner Leitungswasser. Mit den Wassertests wollte man dennoch zusätzlich „den Menschen Sicherheit geben, dass ihr Leitungswasser gesund und lecker ist“, so Fischer.
100 neue Trinkbrunnen plant der Berliner Senat im Stadtgebiet zu bauen. Zurückzuführen ist das auf die „Blue Community“-Initiative: Seit März ist Berlin Mitglied und erkennt damit Wasser als Menschenrecht an. Auch im Mariannenkiez sollen neue öffentliche Wasserspender gebaut – so der Umstieg auf Leitungswasser erleichtert werden. Zusätzlich plant die Wasserkiez-Initiative Refill-Stationen im Viertel zu verbreiten, denn diese gab es laut Fischer dort vorher kaum. Gemeint sind Cafés, Büros oder Läden, in denen man sich kostenlos Wasser aus der Leitung auffüllen lassen kann – und die dann als Trinkwasserstationen auf der Refill Berlin-Karte markiert sind. Für den Pilot-Kiez soll zudem auf Open-Source Basis eine eigene Online-Karte geschaffen werden. Auf der neben den Refill-Stationen auf Hausebene verzeichnet ist, wo Wassertests entnommen wurden und Menschen aus dem Kiez mit ihren Statements zum Projekt abgebildet sind – quasi „von Leuten, die hier leben, für Leute, die hier leben“, so Fischer.
Um den Kiez leitungswasserfreundlich zu machen, bietet a tip:tap darüberhinaus in Schulen und Kitas Bildungsangebote zu den Themen Leitungswasser und Klimaschutz an. Zeigt zum Beispiel, wie man einen Wasserfilter selbst baut. Ab Herbst folgen dann als Zielgruppe auch Unternehmen, Vereine und Behörden, die a tip:tap beim Umstieg auf Leitungswasser beraten will. Erfahrung hat der Verein damit, klärt dieser doch in Wasserschulungen und anderen Projekten über die Vorteile von Leitungswasser auf.
Auf zwei Jahre ist das von der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert Pilotvorhaben im Mariannenkiez angelegt. Für den Kreuzberger Kiez habe man sich bewusst entschieden, da dieser sehr vielfältig und bunt sei, so Fischer. Und ergänzt: „Wenn wir Finanzquellen finden, machen wir das auch gerne woanders“.
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