Zu Tausenden strömen die BerlinerInnen an Wochenenden und Feiertagen auf das ehemalige Tempelhofer Flugfeld. Egal ob zum Joggen, Grillen oder Drachen steigen lassen – das Tempelhofer Feld ist aus dem Berliner Freizeitleben nicht mehr wegzudenken. Das dazugehörige Terminalgebäude mit seinen 300.000 Quadratmetern Fläche hingegen steht zum größten Teil leer. Eine „Initiativgruppe“ Berliner BürgerInnen hat sich zum Ziel gesetzt, das zu ändern.
Die letzten Flugzeuge starteten Ende 2008 vom Tempelhofer Flughafen. Im selben Jahr verkaufte der Bund das Flughafengelände an das Land Berlin. Für Verwaltung und Instandhaltung des ehemaligen Flughafengebäudes ist deshalb seit 2011 die Tempelhof Projekt GmbH, eine 100-prozentige Tochter des Landes Berlin, zuständig. Doch nur ein geringer Teil des Gebäudes wird genutzt oder ist vermietet. Ein Problem, welches die Stadt nun mit einem Masterplan angehen will. Ein neues Stadtquartier für Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft – ein „Berlin Creative District“ – soll entstehen.
Doch Berlin sei schon „Creative District“, kommentiert Stefan Schridde die Pläne der Stadt. Warum deshalb nicht, die schon bestehenden kreativen Ressourcen nutzen? Und all denen, die Berlins Kreativität ausmachen, einen Platz bieten? Genau das will die Initiativgruppe mit ihrem Konzept für das Gebäude erreichen. Zu „einem Experimentier-, Praxis-, Lern und Forschungsort für eine generationenübergreifende Lebens- und Wirtschaftsweise“ soll das ehemalige Flughafengebäude werden. Als „Gegengewicht zum Vorschlag der Stadt, aber auch Kooperationsangebot“, so Schridde, versteht die Initiative ihren Bürgerplan.
Orientierung sollen dabei die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN (Sustainable Development Goals, SDGs) liefern. Diese reichen von der Überwindung von Armut und Hunger über hochwertige Bildung für alle bis hin zur Bekämpfung des Klimawandels. Und sollen bis 2030 von allen UN-Mitgliedsstaaten erreicht werden. Daran angelehnt schlägt die Initiative vor, die Innenhöfe des ehemaligen Flughafengebäudes als Themenhöfe zu Themen wie Ernährung, Demokratie oder Kultur zu gestalten. Projekte und Organisationen, die sich um ähnliche Bereiche kümmern, könnten sich dann zum Beispiel im selben Themenhof ansiedeln. Eine Agora als zentraler Versammlungs- und Veranstaltungsort würde das Ganze ergänzen.
Im Sinne des Gemeingut- oder Commons-Gedanken schwebt der Tempelhof-Initiativgruppe vor, das Gebäude in eine Bürgerstiftung zu transferieren. Diese könnte mit einem Kuratorium für die gemeinwohlorientierte Grundorientierung sorgen. Und auch gewährleisten, dass der Prozess möglichst partizipativ, also mit großer BürgerInnenbeteiligung, abläuft.
Selbst tragen soll sich das ehemalige Flughafengebäude jedoch trotzdem. Was sich, so Schridde, durch einen Mietflächenmix finanzieren ließe. Ähnlich des Lage-Kriteriums bei Immobilien könnte man auch hier die Mietflächen unterschiedlich bewerten. „Man braucht jedoch unterschiedliche Bewertungskonzepte, die nicht nur monetär getrieben sind“, erläutert Schridde. Um so auch Projekten mit wenig Kapital einen Platz im Gebäude anbieten zu können.
Wichtig sei es jetzt, die Pläne der Initiative auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Deshalb ist auch jede/r willkommen, an den Treffen der Gruppe teilzunehmen. Alle zwei Wochen dienstags trifft sich diese in der Zollgarage auf dem Flughafengelände. Und arbeitet weiter daran, dem ehemaligen Flughafengebäude eine Vision zu geben. Denn, so Schridde, „uns alle trägt ein Grundgedanke: Tempelhof ist ein Gebäude, das eine starke Geschichte hat, wo Berlin auch eine Dankbarkeit mit verbindet und etwas zurückgeben kann“.
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