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Berliner Gärten kämpfen um ihre grünen Freiräume zu erhalten

Im Zuge der Teilflächenkündigung des Gemeinschaftgartens Prachttomate haben sich Engagierte der Berliner Gartenbewegung zusammengefunden, um eine stärkere und effizientere Vernetzung voranzutreiben. Im Vordergrund steht die prekäre Situation vieler Gärten in Berlin bewusst und sichtbar zu machen. Im Zuge dessen wird es zur aktuellen Situation der Teilkündigung der Prachtomate am 18.11.2017 eine Kundgebung am Rathaus Neukölln geben.

von Claudia Hirtmann
Themen Öffentlicher Raum Gemeinschaftsgärten Commons Nachbarschaft
17 November 2017

Auszug Pressemitteilung (14.11.2017)

Berliner Gärten kämpfen für den Erhalt grüner Freiräume. Die Urbanen Gärten Berlins zeigen gemeinsam Flagge. Bis zum 15.11.2017 muss der Neuköllner Gemeinschaftsgarten Prachttomate wegen Kündigung eine Teilfläche räumen. Der verbleibende Bereich droht den Gärtnernden nun ebenfalls wegzubrechen. Damit werden fast sieben Jahre ökologische und soziokulturelle Stadtteilarbeit der Prachttomate zunichte gemacht. Berliner Gärten durch städtische Verwertungslogik bedroht. Seit vielen Jahren sind Urbane Gärten fester Bestandteil der Berliner Stadtkultur. Vom «Ausverkauf der Stadt» sind sie ebenso betroffen wie andere Freiräume. Neben der Prachttomate sind weitere Gärten bedroht. Eine neue Fläche für das Himmelbeet im Wedding ist nicht gesichert. Der Mietvertrag des Prinzessinnengarten läuft im nächsten Jahr aus. Wir fangen schonmal an: Urbane Gärten als Räume gelebter Tranformation. Urbane Gärten verstehen sich als Akteur*innen der Stadtentwicklung «von unten». Privat- und staatlichem Eigentum setzen sie das Gemeingut entgegen.

Die Berliner Gartenbewegung hat bereits 2014 ein gemeinsames Manifest verfasst, welches bereits 2015 130 Gärten unterzeichnet haben.

Auszug Urban Gardening Manifest

Wir fordern Politik und Stadtplanung auf, die Bedeutung von Gemeinschaftsgärten anzuerkennen, ihre Position zu stärken, sie ins Bau- und Planungsrecht zu integrieren und einen Paradigmenwechsel hin zu einer „gartengerechten“ Stadt einzuleiten. So wie in der „autogerechten“ Stadt alle das Recht auf einen Parkplatz hatten, sollte in der gartengerechten Stadt allen ein fußläufiger Zugang zur Stadtnatur garantiert werden. Konkrete Forderungen wurden ebenfalls im Oktober 2016 im Zuge der anstehenden Koalitionsverhandlungen ausformuliert.

Auszug Koalabrief der Gärten

Wir fordern Sie daher auf und bekräftigen Sie im Rahmen der laufenden Koalitionsverhandlungen Ihren angekündigten Vorhaben Taten folgen zu lassen.

Die IGA von 2017 muss ergänzt werden um einen Stadtentwicklungsplan: Neues urbanes Grün. Dieser sollte zum Gegenstand haben:

  • Den bestehenden urbanen Gemeinschaftsgärten sowie Projekten der urbanen Landwirtschaft wird ein dauerhafter Bestandsschutz verbindlich angeboten.
  • Als Teil der Daseinsvorsorge und der grünen Infrastruktur werden urbane Gemeinschaftsgärten von Miet-/Pacht oder Nutzungsentgeltzahlungen ausgenommen.
  • Kooperativ handeln Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft Regeln für die Nutzung solcher grünen „Gemeingüter“ aus. Neben der öffentlichen Zugänglichkeit, werden Gemeinwohl orientierte Funktionen für Integration, Bildung, ökologische Vielfalt, grüne Infrastruktur, Klimaanpassung, Umweltgerechtigkeit und Gesundheitsvorsorge verbindlich festgelegt.
  • Die Stadt Berlin legt in Zusammenarbeit mit den Bezirken ein Programm zur regelhaften Implementierung und Förderung von Gemeinschaftsgärten auf. Dadurch wird neben der Sicherung der bestehenden der Aufbau von 100 zusätzlichen gemeinschaftlichen Gartenprojekten im ganzen Stadtgebiet ermöglicht. Geeignete Flächen sind dafür auszuweisen. Für den Aufbau der Gärten wird lokalen Initiativen eine Anfangsfinanzierung zur Verfügung gestellt sowie die Übernahme von Betriebskosten gesichert. Die ausgehandelten Regeln sind Basis der kooperativen Nutzungsvereinbarungen. Stadteigene Gesellschaften wie die Grün Berlin GmbH, die BIM GmbH sowie kommunale Wohnungsbaugesellschaften sind bei an der Umsetzung des Programms einzubeziehen.
  • Gemeinschaftsgärten werden als Teile der grünen Infrastruktur verbindlich in der Planung sowie in der neuen Berliner Liegenschaftspolitik berücksichtigt.

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Einiges ist in den beschlossenen Koalitionsvertrag Berlin 2017 eingeflossen.

Auszug Information zu den Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen von SPD, DIE LINKE und Bündnis 90/ Die Grünen

Themen: Energie, Umwelt, Klimaschutz Koalitionsvertrag Berlin
Die Große Verhandlungsgruppe verständigte sich am Freitag, den 04.11.2016 u.a. auf folgende Vereinbarungen:

Erhalt und Ausbau der grünen Infrastruktur

  • eine ausreichende Grünflächenversorgung muss auch angesichts des Wachstums der Stadt sichergestellt werden. Der Biotopflächenfaktor wird als Instrument zur Förderung des kleinteiligen innerstädtischen Grüns für alle Innenstadtbereiche verbindlich eingeführt.
  • Die Entwicklung eines Berliner Ökokontos als revolvierender Fonds wird umgesetzt, um ein Sondervermögen „Naturschutz und Landschaftspflege“ aufzubauen.
  • die Koalition unterstützt die Begrünung von Innenhöfen, Fassaden, Baumscheiben sowie Kita- und Schulgärten.
  • die Koalition strebt einen Stadtvertrag zur dauerhaften Erhaltung wichtiger Grün-, Frei- und Naturflächen an. Wo wohnortnahe Grünflächen fehlen, sind durch den Ankauf oder die Umnutzung von Flächen neue Grünflächen zu schaffen
  • ein fester Ansprechpartner für Urban Gardening wird eingerichtet und ein gesamtstädtisches Konzept für urbane und interkulturelle Gärten entwickelt.

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Wir möchten aber nicht nur, dass Parteien, Berlin und neuerdings auch Großkonzerne sich mit den Gemeinschaftengärten schmücken oder schlimmer noch, diese für ihre Zwecke missbrauchen, sondern, dass hier Versprechen eingehalten werden, klare Instrumentarien geschaffen werden, die die Gärten und ihre Arbeit am Gemeinwohl langfristig absichern.

Das Netzwerk Urbane Gärten Berlin wird in Arbeitsgruppen an verschiedenen Themenfeldern konkret arbeiten, sich mit verwandten Netzwerken zusammenschließen, die die selbstorganisierte und selbstbestimmte Stadtentwicklung nunmehr schon seit Jahren vorantreiben.

Es sind alle Gärten eingeladen, sich zu beteiligen, Solidarität zu zeigen und eine gemeinsame Stimme zu bilden.

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Klick hier für Veranstaltung-Info

Klick hier um FluxFM Beitrag zu hören (14.11.17 - 13m)

Titelbild
Bildunterschrift: Gemeinschaftgarten Allmende Kontor
Urheber: Netzwerk Urbane Gärten Berlin

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