Eine Firma von der man Taschengeld bekommt? Nicht ganz. Die Taschengeldfirma e.V. ist ein gemeinnütziger interkultureller Verein, welcher sich in der Jugendarbeit in Nord-Neukölln engagiert. Die Jugendlichen, die sich hier an Berufsorientierungsprojekten und praktischen Lernprojekten beteiligen, profitieren gleich in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist ein ideeller Mehrwert in Form von Motivation und Zugehörigkeit gegeben. Zum anderen wird ein Lohn in Form eines Taschengeldes ausgezahlt. Denn die Situation auf den Straßen ist anders. Man braucht Geld um zu überleben. So funktioniert unsere Gesellschaft zum heutigen Zeitpunkt nun einmal. Also warum dann nicht Erfahrungen und Wissen mit einem Taschengeld für die Beteiligung an praktischen Lernformaten verbinden?
Entstanden ist der Verein aus dem gleichnamigen Berufsorientierungsprojekt für Jugendliche und junge Erwachsenen im Kiez von 2010. Die Idee hat so großen Zuspruch gefunden, dass das Jahr 2011 das Geburtsjahr des Taschengeldfirma e.V. als eingetragener gemeinnütziger Verein wurde. Die einstige Projektgruppe hat es sich zum Ziel gesetzt, einen interkulturellen Jugendverein zu etablieren, welcher sich in der Jugendbeteiligungs-, Jugendbildungs- und Motivationsarbeit engagiert, um insbesondere junge Erwachsene mit Migrationshintergrund zu fördern, damit sie selbstständige und erfüllte Personen werden.
Zu den großen berufsorientierten, praktischen Bildungsangeboten gehört die Radwerkstatt THF auf dem Tempelhofer Feld, welche die Fahrradfirma in gemeinnütziger Symbiose mit dem Kitrad e.V. und dessen Windrad THF Projekt betreibt. Hier können Jugendliche in das Fahrradgewerbe hineinschnuppern und theoretisches Wissen, sowie praktische Fähigkeiten, rund um den Fahrradberuf erwerben.
Neben solchen Angeboten, bietet die Taschengeldfirma außerdem Lernprojekte, Nachhilfe und Sprachbetreuung durch Initiativen wie Break Isolation Sprachkurse, welche die multifunktionalen Räume in der Flughafenstraße 62 kostenfrei nutzen können. In diesem „Mikrokosmos“ wie ihn Talu, Vorsitzender der Taschengeldfirma, nennt, wird der Austausch von verschiedenen Kulturgruppen gefördert. Die Menschen bekommen die Möglichkeiten, Räume und Zeit, einen friedlichen, respektvollen Umgang zu haben und eine gemeinsame Sprache zu finden.
Gemeinsam ist vieles leichter und so hat auch die Taschengeldfirma Verbündete. Mit der Senatsstelle für Integration und Migration (IntMig) arbeitet sie bei der Sprachmittlung an Kreuzberger und Neuköllner Schulen eng zusammen. Auf Rumänisch, Bulgarisch, Kurdisch, Arabisch und Türkisch unterstützt sie die Schule, begleitet Schüler und Eltern bei Gesprächen mit den Lehrern und leistet Kommunikationsarbeit im Allgemeinen.
Partnerschaften mit Kitrad e.V., dem Raumlabor, der Schlesische 27, Energieseminar TU Berlin und dem Mint Grünen Klassenzimmer sind keine starren Gefüge auf Papier, sondern gelebte Verbindungen, die gemeinsam Projekte und Aktionen ins Leben rufen und Ideen umsetzen. Das Fahrradkino, welches zusammen mit dem Energieseminar der TU Berlin 2014 und 2015 über zwei Semester geplant wurde, endete in einer großen Aufführung auf dem Tempelhofer Feld. Fahrradfans aus ganz Berlin waren dabei und motiviert in die Pedale zu treten, um den nötigen Strom für den Beamer, das Soundsystem und den Laptop zu erzeugen. For your information: Die Module für das Fahrradkino sind ebenfalls in der Taschengeldfirma ausleihbar.
Der Name und der Verein sind mittlerweile ziemlich gut in Neukölln, sowie auch in Schöneberg, Tempelhof und Kreuzberg etabliert. Immer donnerstags und freitags öffnet die Taschengeldfirma ihre Tür für die Hausaufgabenbetreuung, zum gemeinsamen Kochen und Musizieren. Viele Nachbarn kommen vorbei und nutzen das Angebot der Taschengeldfirma. Und so soll es auch sein. Jeder ist willkommen! Auch wer sich darüberhinaus engagieren möchte und mitanpacken kann, ist jederzeit gerne gesehen. Was gut für die Menschen ist, muss auch gut für den Kiez sein!