Eigentlich sollte der Name Programm werden: Kitrad – ein zusammengestelltes Kit mit Materialen und Werkzeugen zum Bau eines kleinen Windrads. Ganz nach dem DIY-Prinzip. Doch es kam alles etwas anders. Aus einem Projektkurs der HTW Berlin, der 2011 das Ziel hatte, ein Windrad zu bauen, wurde 2014 der gemeinnützige Kitrad e.V., der angeleitete einwöchige Workshops zum Bau von Windrädern anbietet. In einer Gruppe von fünf bis sechs Teilnehmern kann man lernen wie Rotorblätter geschnitzt und Generatoren geschweißt werden sowie sein Wissen über Energiegewinnung erweitern. In naher Zukunft sollen auch noch konkrete Bildungsprojekte für Schulklassen und Uni-Kurse zum Thema dezentrale Energieversorgung zum Kitrad-Portfolio hinzukommen. Damit werden von früh auf die Weichen für erneuerbare Energien gestellt.
Neben der dezentralen Energieversorgung durch erneuerbare Energien und den Workshops beschäftigt sich Kitrad mit dem Bau, der Errichtung, der Wartung und der Weiterentwicklung von Kleinwindenergieanlagen. Auch die Entwicklungshilfe ist ein großes Thema bei Kitrad. Besonders für Länder in denen für uns selbstverständliche Basics wie Energie- und Wasserversorgung nicht selbstverständlich sind, können Projekte wie Kitrad Großes bewirken. Derzeit wird an entsprechenden Projekten in Liberia gearbeitet.
Die kleine aber feine Werkstatt des Kitrad e.V. befindet sich in den BLO-Ateliers. In den Räumlichkeiten kommen Künstler und Vereine auf einem alten Bahngelände, welches die Deutsche Bahn den Ateliers zur Verfügung gestellt hat, zusammen. Vorteil eines Standorts mit verschiedenen Werkstätten ist vor allem die Möglichkeit, zusammen arbeiten und Ideen austauschen zu können. Mit Ozon Bikes teilt sich Kitrad zum Beispiel die Schweißwerkstatt und auch die Holzwerkstatt des Bogenbauers darf der Verein mitbenutzen. Warum alles selber neu kaufen, wenn man auch teilen kann?
Auch die Materialien müssen nicht alle aus dem Baumarkt kommen. Vieles, was man zum Bau eins Windrads benötigt, findet man auf Schrottplätzen oder Recyclinghöfen. Von Metallplatten, über Stahlprofile und –rohre, bin hin zu Schrauben und Kupferdraht für Spulen – es lässt sich viel Brauchbares finden. Für das Holz der Rotorblätter sowie Magneten und Epoxy-Harz zum Versiegeln, damit die Windräder auch für Wind und Wetter gewappnet sind, ist dann aber doch der ein oder andere Einkauf nötig.
Gebaut werden die Windräder nach Open Source-Bauplänen. Diese kommen ursprünglich aus Schottland und sind im Internet frei verfügbar. Kitrad ist quasi Teil eines internationalen Langzeitprojekts, in dem eine weltweite Community sich zum Thema erneuerbare Energien austauschen, Technologien weiterentwickeln und zusammen perfektionieren kann. Hier werden im Forum Probleme der Globalisierung angegangen.
Holz- und Stahlbau, Physik, Elektrotechnik und ein bisschen Chemie. Und wie geht es dann weiter bis zur Steckdose? Ein Windrad wandelt – wie zu erwarten – die kinetische Energie des Windes in elektrische Energie um. Die Bewegungsenergie wird von den Rotorblättern in Rotationsbewegung umgesetzt. Diese wird auf den Generator übertragen, wodurch sich die Magnete um die Spule bewegen und durch Induktion elektrische Energie erzeugt wird, die sich in Batterien speichern lässt. Wahlweise könnte diese aber auch direkt ins Netz eingespeist werden.
Der ganze Stolz des Kitrad e.V. ist das Windrad auf dem Tempelhofer Feld, welches er zusammen mit der Taschengeldfirma realisiert hat. Das Windrad kann 700 Watt oder auch 360 kWh pro Jahr generieren. Damit kann man zum Beispiel einen Laptop fast das ganze Jahr betreiben. Das scheint im ersten Moment wenig und für eine Gesellschaft mit hohem Energieverbraucht wie unsere ist es sicherlich noch keine dauerhafte Lösung. Aber besonders kleine Windräder sind heute für Offgrid-Lösungen ideal. In Entwicklungsländer ermöglichen diese Mengen an Energie Kommunikation. Man kann perfekt ein Handy laden und mit LEDs könnte man sogar für 1000 Stunden Licht im Haus sorgen. Der Zugewinn an Lebensqualität ist enorm.