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Porträt

BIW#17 // Radwerkstatt & Windrad THF

Arbeit Bildung Erneuerbare Energien Handwerk Soziales Umweltschutz

von Tanja Büttner - 2 Mai 2017

Das Tempelhofer Feld ist schon lange ein Ort der Begegnung für die Berliner, wortwörtlich bietet es Freiraum für neue Ideen. Beste Voraussetzungen um Projekte und Initiativen entstehen zu lassen eben. Die Radwerkstatt und das Windrad THF sind hier zu Hause und verbinden einen Bildungsauftrag mit erneuerbaren Energien und berufsqualifizierender Praxis. In Symbiose und Zusammenarbeit.

Inline-Skater, Fahrradfahrer, Drachensteiger und Kitesurfer in der Trockenübungsphase lassen sich fast täglich in der grünen Lunge Berlins antreffen. Auch das ein oder andere Festival oder Sportevent nutzen das Tempelhofer Feld gerne als Ort des Geschehens. Wer aber genauer hinschaut und mit offenen Augen über das Feld spaziert, der wird noch mehr entdecken können. Einige öko-soziale Projekte haben sich hier niedergelassen um sich der Herzensangelegenheit zu widmen, den positiven Wandel aktiv mitzugestalten. Dazu gehören auch das Windrad von Kitrad, das neben dem umgebauten Frachtcontainer der Radwerkstatt der Taschengeldfirma in zehn Metern Höhe über dem Tempelhofer Feld thront und der Werkstatt Strom liefert.

Die Radwerkstatt THF gibt es bereits seit vier Jahren und ist ein praktisches Lernprojekt der Taschengeldfirma e.V. für Jugendliche um handwerkliche Fähigkeiten zu erlernen und auszubauen. In einer lockeren Atmosphäre können sich die Jugendlichen zum Thema Fahrrad austauschen, Eigeninitiative entwickeln sowie sich ganz nebenbei für eine Ausbildung oder ein Praktikum im Fahrradgewerbe qualifizieren. Immer von Freitag bis Sonntag, jeweils von 14 bis 18 Uhr - außer bei schlechtem Wetter natürlich – sind zwei bis drei fahrradaffine AnleiterInnen vor Ort, um mit einer Gruppe aus bis zu acht Jugendlichen pro Tag gemeinsam an Fahrrädern zu schrauben. Die Leute, welche mit ihren Fahrradproblemen bei der Radwerkstatt THF vorbeikommen, werden zunächst beraten und erhalten dann auch Hilfe in Form von Reparaturen. Für die geleistete Arbeit und die Beratung wird mit einer Spende entlohnt. Als kleinen Anreiz läuft es bei der Taschengeldfirma so, dass die Jugendlichen die Hälfte der Spenden als Taschengeld erhalten. Talu, Vorstandsvorsitzender des Taschengeldfirma e.V., meint, es ist wichtig, dass Jugendliche, die sich engagieren, auch monetär unterstützt werden. „Die Welt kostet halt Geld. Im Moment. Also müssen wir Lösungen für den Moment entwickeln.“

Das Erweiterungsmodul in der THF Projektfamilie ist das Windrad, welches vom Kitrad e.V. im Jahr 2013 gebaut wurde. Nach einem langwierigen Papierkrieg steht es seit der Einweihung im September 2016 auf dem Tempelhofer Feld und produziert Strom. Die Idee ist, im urbanen Raum die dezentrale Energiegewinnung verständlich und zugänglich zu machen. Ein kleiner Denkanstoß, der durch das Vorleben der Errichtung, Wartung und Nutzung einer Kleinwindkraftanlage an einem populären Ort zeigt, dass es funktionieren kann. Der Standort der beiden Projekte kann dank des Windrads eigenständig Energie produzieren, welche für das Betreiben der Radwerkstatt genutzt wird. Ein Windrad ist – ganz klar – abhängig vom Wind, weshalb des Tempelhofer Feld sich mit seinen für eine Stadt ganz passablen Windgeschwindigkeiten als guter Standort erweist. Der 700-Watt-Generator des Windrads nutzt ausschließlich die Tageswindstunden, um die Beuteflüge der Fledermäuse nicht zu stören. Umweltschutz muss sein. Gespeichert werden bis zu 15 kWH in Batterien, die im Radwerkstattcontainer untergebracht sind. Mit dieser Menge an Energie könnte man 15 Mal Wäsche waschen oder mit LED-Lichtern tausende von Stunden Licht auf dem Tempelhofer Feld haben. Nicht schlecht, oder?

Zusammengekommen sind die zwei Projekte im Jahr 2014 durch eine Rundmail der Firma Grünes Berlin GmbH. Der Kitrad e.V. hat auf diesem Weg nach einem geeigneten Standortpartner für ein innovatives Windradprojekt gesucht. Die Radwerkstatt THF hatte sofort Interesse. Warum nicht zwei soziale Projekte mit einander verbinden und dazu noch etwas für den Umweltschutz tun? Nach einigen Zusammenkünften, bei denen Vorstellungen, Ideen und Wissen ausgetauscht wurden und der kleinste gemeinsame Nenner für eine Zusammenarbeit heraus gearbeitet wurde, entstand nach einem halben Jahr eine organische, gelebte Kooperation.

Dass die Zusammenarbeit gemeinnütziger Vereine nicht nur auf Papier Bestand haben kann, sondern ein echter Mehrwert für alle Beteiligten ist, zeigt sich hier. Mit einer Kombination aus Bildungsangebot und praktischen Workshops mit berufsorientiertem Fokus in den Bereichen erneuerbare Energien und Fahrradgewerbe eröffnen die beiden Projekte Kindern und Jugendlichen neue Möglichkeiten, ihre Zukunft zu gestalten. Und mit den Allmende Kontor Gemeinschaftsgärten und dem M.I.N.T. Grünen Klassenzimmer als direkte Nachbarn befinden sich die Fahrradwerkstatt und das Windrad auf dem Tempelhofer Feld in bester Gesellschaft.

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