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Porträt

BIW#3 // Weltraum

Coworking Nachbarschaft Transition Town

von Lena A - 9 August 2016

Den Weltraum mieten 16 Erdlinge, sie wohnen direkt nebenan. Im nichtkommerziellen Nachbarschaftsladen treffen sich Menschen jeglichen Alters und Backgrounds im Sturz durch Raum und Zeit. Der Weltraum steht offen für alle rund ums nachbarschaftliche, ökologische und solidarische Handeln. Ein Ort für politische Gruppen, Bastelgruppen, Gartengruppen und Kochgruppen. Und für alles andere, wenn es eben jemand organisiert.

„Ich würde mir wünschen, dass der Weltraum mindestens doppelt so groß wäre“, sagt Andreas, Mitbegründer des Weltraums. Immerhin, mitsamt Keller umfasst der kleine Laden im Reichenberger Kiez in Berlin-Kreuzberg schlappe 64 Quadratmeter. Mit der Gründung der Transition-Town Initiative Kiezwandler*innen in 2009 ergibt sich die Chance, direkt neben der eigenen Wohnung den Weltraum anzumieten, um Tief ins All der nachhaltigen postfossilen Ära einzutauchen. Seither finanziert sich der Raum durch seine Spender*innen. Zur Nutzung des Raums ist eine Spende allerdings keine Voraussetzung, denn „der Weltraum soll alles ermöglichen“.

Der Weltraum hat theoretisch immer geöffnet. Wer sich bei Andreas meldet, kann den Raum nach Absprache benutzen. Der Weltraum war zeitweise das Organisationsbüro des Kongress für Solidarische Ökonomie (Solikon), einige lokale Initiativen nutzen ihn als Diskussionsort und einmal im Monat gibt es den Super 8 Abend mit Harald Budde, einem „Urgestein des Kiezes und der schrägen Filmkultur“. Ein Jahr lang hat der Weltraum als temporäre Notunerkunft Menschen ohne Papiere Schutz geboten; mit verschiedenen Nutzungen tags und nachts wie zum Beispiel der Alphabetisierung.

Der Keller des Weltraums ist Abholort einer solidarischen Landwirtschaft und versorgt circa 30 Familien mit Gemüse. Eines der Regale dient als Schnittstelle für Direktimporte aus genossenschaftlichen Produktionen für Öl, Seife etc. Zur Zeit gibt es dafür allerdings keine Nutzung, aber das kann sich ja ändern. Der Keller ist nämlich „so groß wie der Weltraum selbst“, erzählt uns Andreas und biete demnach viel Potential.

Vor dem Weltraum steht eine Schenkbox, „die einen enormen Umsatz zeigt“ und durch die Nutzung durch alle möglichen Menschen glänzt. Darin finden sich manchmal mit ein bisschen Glück sogar richtig wertvolle Schätze - wobei Wertschätzung bekanntlich stark auf den Findenden des Objekts ankommt.

Andreas wünscht sich eine größere Gruppe von Leuten, die sich für den Weltraum verantwortlich fühlt. Jährlich kommt der Raum nur knapp über die Runden. Er befürchtet, dass es den Weltraum in zehn Jahren nicht mehr gibt. Sollte sich die Miete anheben, „was zum Glück bis jetzt nicht passiert ist“, wäre der Raum schwer tragbar ohne mehr Unterstützer*innen. Er hofft, das Kreuzberg nicht den Weg anderer Kieze einschlägt, „teuer und uninteressant“ wird. „Die interessanten Menschen ziehen dann weiter“, sagt er. Der Weltraum sei eben eine „andere Art von Lifestyle, weniger hip“, mit der Vision „geistesgegenwärtiger, empathischer und achtsamer zu leben“.

Für Andreas bedeutet Wandel im positiven Sinne, „dass das was wir im Voranschreiten gewinnen, mehr ist, als das, was wir verlieren“, und weiter, „dass wir ein bisschen weniger dumm werden, ein paar Beschränkungen, die wir mit uns herumschleppen ... überwinden können. Dass es uns gelingt ein bisschen solidarischer, ein bisschen nachhaltiger, ein bisschen fröhlicher zu sein. That’s it.“ Völlig schwerelos.

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