Ursprünglich aus einem Studentenprotest entstanden, ist FairBindung seit 2009 ein Verein, der basis-demokratisch als Kollektiv organisiert ist. Ohne Hierarchien sondern im Plenum werden hier mit den 15 Kollektivmitgliedern Entscheidungen im Konsens getroffen und Themen wie Wachstumskritik und solidarische Teilhabe diskutiert. Das Ziel einer nachhaltigen und global gerechten Welt immer vor Augen. Die Idee ist durch das Herausbringen von Wissen auf die Straße, herausgelöst aus dem streng akademischen Rahmen, dieser solidarischen Welt durch Alternativen zum derzeitigen kapitalistischen Wirtschaftssystem, näher zu kommen.
Wie solidarische Ökonomie und Postwachstum funktionieren wird in Workshops, Seminaren, Fortbildungen und Veranstaltungen vermittelt: Von April bis Oktober organisiert FairBindung halbtätige Transitiontours zu Kollektiven und Gemeinschaftsgärten in Neukölln und Kreuzberg. Zu Fuß oder mit dem Rad hat man die Möglichkeit Projekte zu besuchen, die sich sozial-ökologisch engagieren und eifrig an einer nachhaltigeren Welt arbeiten. Inspiration garantiert!
Mit der Veranstaltungsreihe Café Décrossaince schafft FairBindung zusätzlich Raum für Diskussionen und Austausch. Verschiedenste Themen wie kollektives Wirtschaften oder Bildung werden an den wechselnden Veranstaltungsorten in einen wachstumskritischen Kontext gesetzt und von allen Seiten beleuchtet. Für Schuler*innen, Lehrer*innen, Unternehmer*innen und eigentlichen jede*n ist etwas dabei.
Und da hört es nicht auf mit der politischen Bildungsarbeit. FairBindung kann ein Repertoire an Bildungsmaterialien vorweisen. Endlich Wachstum, Beyond Growth und Lebensmittel zum Zweck sind Lektüren für Andersdenker, die sich in einem innerlichen Wandel befinden und nach dem richtigen Ansatzpunkt suchen. FairBindung möchte die Methoden und die Möglichkeiten der solidarischen Wirtschaft für jeden greifbar machen. Nach dem Motto Wandel leben lernen soll das Selbstdenken und vor allem ein kritischer und selbstreflektierender Umgang mit sich und seiner Umwelt in den Alltag integriert werden.
Aber viel reden kann jede*r. Ist es nicht viel besser, zu denen zu gehören die es schon anders machen und selbst Vorbild und Inspiration zu sein? FairBindung orientiert sich selbst an der nachhaltig solidarischen Wirtschaft und schlägt die Brücke zwischen Theorie und Praxis: Kaffeehandel mit Kaffee aus Guatemala. Bio versteht sich.
Als Partner an ihrer Seite haben sie dazu die Vereinigung der neuen organisch arbeitenden Maja-Landwirte (Asociación Maya Sembrador Integral, AMNSI), welche den gleichnamigen Kaffee an den Vulkan-Hängen des Lago Atitlán in Guatemala anbaut. Denn der Atitlán-See ist eine der besten Kaffeeanbauregionen in Zentralamerika, dessen ökologisches Gleichgewicht durch die Bio-Qualität des Kaffees erhalten wird.
Die Kooperative hat sich aus Ex-Guerilleros zusammengeschlossen, die nach dem Bürgerkrieg einen Neuanfang wagten. „Vier bis fünf Tonnen Rohkaffee importieren wir jährlich,“ erklärt Louis. FairBindung zahlt dafür einen fairen Preis und bietet gute Konditionen für die Kooperative. Den Kaffeebauern wird so ein stabiles Wirtschaften ermöglicht wovon sie Leben können. Heute sind 60 Familien in Atitlán Mitglieder von AMNSI und haben nicht nur eine neue Lebensgrundlage erhalten, sondern leisten außerdem auch einen Beitrag für die Unterstützung der gesamten Gemeinde.
Kaffee und Bildungsmaterialien sind im vereinseigenen Onlineshop erwerblich. Aber auch offline gibt es den Fairtrade-Kaffee frisch zu bereitet oder zum mitnehmen bei zum Beispiel dem Regenbogenfabrik Café oder im Kraut und Rüben. Langfristig gesehen soll der Kaffeeimport und -verkauf die Bildungsarbeit von FairBindung finanzieren. Die Betonung legt Louis ganz klar auf langfristig.
Der FairBindung-Kaffee ist Lernfeld und Praxisbeispiel zugleich. Der Kaffeehandel verbildlicht was die Bildungsarbeit leisten soll. „Und natürlich gibt’s auch da genug Wiedersprüche. Also warum importiert man Kaffee als Luxusprodukt, was einen sehr wasserintensiven Anbau hat?“ merkt Kristina an. Es tun sich natürlich immer wieder auch Schwachstellen der alternativen Wirtschaftsstrukturen auf und auch die eigene Lebensweise muss in Frage gestellt werden. Aber genau deshalb tuen die Mitglieder von FairBindung was sie eben tuen: Wege finden es anders zu machen und Dinge in Frage stellen. Lerning by Doing im Prinzip.
Der Schritt in die neue achtsamere Gesellschaft ist möglich, sagt uns Kristina. Und FairBindung kann mit seiner Kombination aus dem eigenen Beispiel par excellence und dem methodischen Handwerkszeug helfen, sich in Bewegung zu setzen. Die FairBindung zwischen Kaffee und Bildung ist nirgendwo aromatisch-intensiver.