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Wandelwochen-Radtour: Anders Wirtschaften ist möglich

Heute geht die Wandelwoche Berlin-Brandenburg zu Ende. Über eine Woche lang lieferten zahlreiche Veranstaltungen und Touren Inspirationen dafür, wie ein gutes Leben für alle aussehen kann. So auch vergangenen Mittwoch. Bei einer Radtour konnten alternativ wirtschaftende Unternehmen in Berlin besichtigt werden. Auch wir von imWandel radelten mit.

von Alexander Wenzel
Themen Gesellschaft Wirtschaft WandelWoche2017
17 September 2017

Profit, Wettbewerb und permanentes Wachstum. Dass es auch Unternehmen gibt, für die dieser Dreiklang nicht alleinige Zielsetzung ist, wollte uns die "Wirtschaft anders machen"-Radtour näherbringen. Organisiert von 'Fairbindung', wurden Unternehmen besucht, die Formen alternativen Wirtschaftens entwickelt haben und auch praktizieren.

In diesem Sinne ging es als erstes in die Rudi-Dutschke-Straße. Dort, am Sitz der ‚taz’, erläuterte Konny Gellenbeck von der ‚taz Genossenschaft’ die Vorzüge der Organisation als Genossenschaft für die ‚taz’. 1992 gegründet, hat die ‚taz Genossenschaft’ heute über 16.000 MitgliederInnen. Mindestbetrag, um Mitglied zu werden, sind 500€. Bei der Generalversammlung hat jedoch jedes Mitglied nur eine Stimme, unabhängig vom eingezahlten Betrag. Das Genossenschaftsmodell macht die ‚taz’ weniger abhängig von Werbeeinnahmen und garantiert so die finanzielle und auch publizistische Unabhängigkeit der ‚taz’. Bei der anschließenden Diskussion erklärt Konny Gellenbeck auch, wie es dazu kam, dass die ‚taz’ Werbeanzeigen der Bundeswehr veröffentlichte und wie es mit den Mitspracherechten der MitarbeiterInnen und direkten beziehungsweise indirekten Hierarchien bei der ‚taz’ aussieht. Nach einem kurzen Besuch in der Redaktion und einem Blick vom Dachgarten, geht es per Fahrrad weiter zur nächsten Station ‚Lebenskleidung’.

„Angefangen hat alles mit ayurvedisch gefärbter Bettwäsche.“ Die Idee dazu kommt den Gründern von ‚Lebenskleidung’ während ihrer Studienzeit in Indien. Der Erfolg ist verhaltend. Doch fragen viele Kunden an, ob sie denn nicht einfach die Stoffe separat erwerben könnten. So wird ‚Lebenskleidung’ mit Unterstützung der GLS-Bank zum Händler von Bio-Stoffen. Statt aus Indien wird mittlerweile überwiegend Bio-Baumwolle aus der Türkei oder Portugal verwendet. Denn laut Benjamin Itter, einem der drei Gründer, ist 90% der Baumwolle in Indien genetisch verändert. Doch die Stoffe von ‚Lebenskleidung’ sollen nicht nur bio sein, sondern auch aus fairer und nachhaltiger Produktion kommen. Neben der jährlichen Zertifizierung nach dem ‚Global Organic Textile Standard’ (GOTS), sind die Gründer, um das sicherzustellen, in zahlreichen Organisationen und Verbänden ehrenamtlich aktiv.

Dem „Wirtschaften nach Prinzipien“ hat sich ‚Quartiermeister’, unser letzter Tour-Stop, verschrieben. Das Sozialunternehmen verkauft Bier und unterstützt mit dem Gewinn soziale und kulturelle Projekte im Kiez. „Bier trinken. Gutes tun.“, heißt auch der passende Slogan. Das Bier dazu lässt Quartiermeister nach eigens entwickelten Rezepten von regionalen Partnerbrauereien brauen. Pro verkauftem Liter gehen 10 Cent an soziale Projekte. Bei einer letztes Jahr verkauften Menge von 300.000 Liter macht das 30.000€, die weitergegeben werden können. Darüber, wer unterstützt werden soll, kann online abgestimmt werden. Neben einem Bio-Bier ist die ‚Quartiermeister*in’ die neueste Entwicklung des Berliner Unternehmens. Statt einem Mann ist hier eine Frau auf dem Etikett zu sehen. Damit will ‚Quartiersmeister’ ein Zeichen gegen Sexismus in der Werbung setzen. Denn „wir verstehen uns als politisches Unternehmen“, verkündet Mitgründer David Griedelbach bei unserem Besuch. Wer mehr über ‚Quartiermeister’ erfahren will, kann dies bei unserem vor einigen Monaten gedrehten Videoportrait tun - online in den nächsten Wochen.

Mit diesem Besuch endete dann auch die Tour. Wer wollte, konnte jedoch seine Erkenntnisse bei einer anschließenden Diskussion im ‚taz Café’ mit VertreterInnen der besuchten Projekte noch vertiefen. So oder so gingen die TeilnehmerInnen auf jeden Fall mit zahlreichen neuen Eindrücken und Inspirationen nach Hause. Und nicht wenige waren erstaunt, über die Vielfalt der schon bestehenden und auch funktionierenden Alternativen.
Vielleicht existiert es also doch, das richtige Leben im falschen.

Titelbild
Bildunterschrift: taz Genossenschaft Dachgarten
Urheber: imwandel

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