Nach der Einführung, berichten wir nun über das erste Projekt: die urban coop. Ihr Stand auf den Experimentdays ist gut besucht. Viele Interessenten gruppieren sich um die professionell gestalteten Banner in maritimen blau-weiß und Broschüren in frischem rosa. Robert Ostmann, Simon Broniatowski und Thomas Stellmach beantworten engagiert und geduldig die Fragen von möglichen neuen Genossenschaftsmitgliedern und neugierigen Besuchern. Auch für unsere Fragen haben Sie sich Zeit genommen.
Die urban coop (sprich urban co-op (engl.): urbane Kooperative, nicht zu verwechseln mit engl.: urban coop: urbanes Kabuff) hätte sich aus zwei Hauptmotivationen heraus vor etwa einem Jahr gegründet. Das erste Ziel sei der Tendenz des Ausverkaufs der Stadt an private Investoren entgegen zu treten und Grunstücke dem spekulativen Markt zu entziehen. „Der andere egoistischere Punkt ist, dass […] die Architekten interessantere, bessere Projekte planen [möchten]“, sagt Thomas Stellmach ganz offen. Die Dachgenossenschaft urban coop tritt also als Non-Profit-Dienstleister auf, der die Planungskompetenz von erfahrenen Architekten, wie Robert Ostmann und Simon Broniatowski, Stadplanern, wie Thomas Stellmach, je einem Rechtsanwalt, Steuerberater, Nachhaltigekeistmanager und einer Landschaftsplanerin zu einem Rundum-sorglos-Paket für zukünftige Baugenossenschaften schnürt. „Wir helfen bei dem ganzen Kram, der keinen Spaß macht“, scherzt Thomas Stellmach. Die urban coop sucht also einerseits Anwärter, als zukünftige Mitglieder einer selbstverwalteten Baugenossenschaft, aber gleichzeitig auch nach Bauland für zukünftige Projekte.
Um die Anforderungen des Konzeptverfahrens zu erfüllen haben sich die Planer einiges einfallen lassen. Doch ihr Prinzip ist nicht, ein fertiges Projekt zu entwickeln und den Anwärtern zu verkaufen, sondern ihre individuelle Wünsche über Fragebögen abzufragen, gemeinschaftlich zu diskutieren und nach kollektiven Lösungen zu suchen, sodass sich am Ende die Baugenossenschaft mit ihrem Haus wohlfühlt. Dabei liegt der Vorteil gegenüber Baugruppen in der Flexibilität. Man kann als Genossenschaftsmitglied um- oder ausziehen, bekommt dann ggf. die Genossenschaftsanteilen zurück und hat daher nicht den Anspruch seine Traumwohnung bis ins Detail zu planen, sondern legt den Fokus auf eine harmonische Gemeinschaft. Da es nach Auffassung der urban coop die Verfahrensregeln nicht gestatten, konkrete Planungen öffentlich zu zeigen, während das Verfahren noch läuft, beschränken sie sich zurzeit noch auf allgemeine Konzeptformulierungen, wie sie aus den Bedingungen des Konzeptverfahrens resultieren.
Innovative Idee lassen sich aber auch jetzt schon erkennen: Auf der sozialen Ebene bemüht sich die urban coop um eine Integration in die bisherige Nachbarschaft, indem sie dieser einen Teil der Wohnungen bevorzugt anbietet. Außerdem sollen die Erdgeschossflächen öffentlich und an den lokalen Bedarf des Kiezes angepasst genutzt werden.
Das architektonische Konzept setzt auf Barrierefreiheit, flexible Grundrisse, Integration von Wohnen und Arbeiten und Gemeinschaftsflächen, wie Terrassen, Gärten, Werkstatt, Küchen und Arbeitsräume. Eine ökologische Bauweise soll durch Holzfertigelemente, einfache Technik und Passivhausstandard Anwendung finden.
Kritik übt er hingegen am Mangel von Projekten, bei denen die Stadt ähnliche Grundstücke, wie das der Schöneberger Linse zum Konzeptverfahren vergibt. Die Baukosten seien für eine Genossenschaft auch nicht günstiger als für einen profitorientierten Projektentwicklern, die sich jedoch viel leichter Bauland durch internationale Kapitalgeber beschaffen können. Somit seien die Hürden der Anfangsinvestition für eine Genossenschaft hoch, der nachhaltig positive Effekt auf ein stabiles soziales Gefüge im urbanen Raum würde erst später ins Gewicht fallen. Die harte Konkurrenz am freien Immobilienmarkt bremst also genossenschaftliche Initiativen zurzeit aus.
Die Hoffnung für die mittelfristige Zukunft liegt nun auf der rot-rot-grünen Landeregierung, die eine Förderung genossenschaftlichen Wohnens im Koalitionsvertrag vereinbart hat. Doch die konkrete Umsetzung wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen. So liegt die Hoffnung für die nahe Zukunft in der Vergabe von Grundstück G08. Der Zuschlag und ein gelingendes Projekt hätte sicherlich positive Auswirkungen auf zukünftige genossenschaftliche Bauvorhaben, die Schöneberger Linse könnte ein Paradebeispiel liefern und dem Genossenschaftskonzept der urban coop Auftrieb verleihen. Doch den Zuschlag für G08 wünschen sich noch andere Projekte. Im nächsten Teil unserer Reihe werden wir das LINSE Hausprojekt im Mietshäuser Syndikat vorstellen.
Die Schöneberger Linse Reihe:
Teil 1/5: Einführung
Teil 2/5: urban coop Genossenschaft
Teil 3/5: Linse Hausprojekt
Teil 4/5: GoodSense SchöneLinse Baugruppe
Teil 5/5: RUT Frauenwohnprojekt